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Samstag, 28. Mai 2016

Kleine Idee mit erhoffter großer Wirkung

Neulich war an einer bekannten deutschen Fernsehzeitung, die wir oft kaufen, von außen ein Bogen mit Tieraufklebern angeheftet. Früher habe ich (als GS-Lehrerin) die Aufkleber oft in der Schule verwendet, um erreichte Ziele zu würdigen: Wenn du x Aufgaben bearbeitet hast, gibt es einen Aufkleber.

Inzwischen halte ich nicht mehr viel von dieser Art der Motivation. Sie hat mit der Sache nichts, nein, absolut gar nichts zu tun.

Dennoch kann man diese Aufkleber mit Kindern gemeinsam verwenden. Für ein kleines pädagogisches Projekt, das von winzig zu groß verläuft.
Ein geniales Medium, um mit Kindern das Zeichnen, das Malen zu praktizieren.

Gestern Nachmittag saß ich gemütlich mit einer Tasse Tee auf der Terrasse, holte mir einen Zeichenblock, Buntstifte, einen Bleistift und einen Radierer dazu.

Nun ging es los ...

ich suchte mir einen Aufkleber aus. Die Wahl fiel auf das Küken. Der Aufkleber wurde auf das Zeichenpapier geklebt. Unten rechts ... eine ungute Entscheidung, wie sich später erst herausstellte.

Nun zeichnete ich das Küken vom Aufkleber groß auf das Papier. Zuerst die angedeuteten Umrisse ganz fein mit Bleistift. Auch Schattierungen legte ich an. Dann begann ich mit dem Kolorieren.

So habe ich noch nie gezeichnet. Ich ging locker ans Werk ... schaute mir selbst bei dem Vorgang (von innen) zu, spürte meine Widerstände, meine Kritik, die ich zum Schweigen brachte, indem ich einfach nur noch SCHAUte und HANDelte. 

SCHAU und HAND liefen immer mehr synchron.

Aber etwas störte mich. Was war es bloß?

Plötzlich wurde mir bewusst, dass da etwas war, was meine fließende Wahrnehmung störte: Meine eigene zeichnende Hand! Der Aufkleber verschwand hinter ihr - ich konnte ihn nicht anSCHAUen!

Da war das Bild aber schon fast fertig.

Zum Schluss klebte ich den Aufkleber an die Stelle, an die er beim nächsten Mal kommt - oben links, denn ich bin Rechtshänderin. Wieder etwas dazugelernt!

Mit unserem 6-jährigen Nachbarsjungen habe ich schon Kontakt aufgenommen ...

"Malst du gern?" - "Ja, wieso?" - "Ich habe da eine tolle Idee ..."

Wenn ich die mit ihm verwirkliche, bekommt der Junge übrigens anschließend einen Aufkleber. Wie - was - das hielt ich doch für hohl, für eine rein extrinsische Motivation. Aber nein! Dieses Mal ist mit dem Aufkleber selbst ja ein Lernprozess verknüpft, der Spaß macht! 




Und bei fortgesetztem Üben wird er seine eigenen Lernfortschritte mit Staunen verfolgen ...

Das finde ich sehr spannend!