Der mysteriöse Gegenstand entwickelt sich weiter.
So weit bin ich jetzt gekommen. Ich muss schon sagen, das Zeichnen mit Raster ist doch sehr luponisch betont. Das genaue Beachten der Raster verhindert den Flow, den man beim Zeichnen erreichen will. Das Zeichnen bekommt so einen mehr geometrisch-mathematischen Charakter, das Künstlerische wird eingeengt. Bauplaner, Architekten müssen auf diese Weise konstruieren. Somit hat auch das Zeichnen in vorgegebenen Rahmen seine Berechtigung. Ringa (Rechtshirn) kommt bei dieser Vorgehensweise erst dann wieder zum Zuge, wenn ich die Schattierungen ausarbeite. Da geht es um das Erspüren von Hell-Dunkel-Nuancen, um das Anbringen von Lichteffekten, um feine Maserungen ... upps ... jetzt habe ich schon etwas verraten: Der Gegenstand ist aus Holz.
Mein Ziel ist kein Fotorealismus, sondern eine persönliche "Handschrift", die ich wohl eher ohne Raster entwickeln kann. Trotzdem will ich diese Zeichnung fertigstellen und diese Erfahrung als für den Zeichenlernprozess wertvoll erachten.
Die Maßangaben sind rein luponischer (linkshirniger) Art. Lupo misst, Lupo zählt, Lupo ist ein Pedant.
Hier eine kleine Episode aus meinem luporinganischen Märchen, die erklärt, wie Lupo vorgeht. Vorweg als Erklärung ein paar Fakten über meine (Gleichge)Wichtel(hirnhälften):
Lupo und Ringa ernähren sich von reiner Energie, die sie beide aus ihrer ganz spezifischen Bergkristallkugel "tanken", Lupo aus der Erde, Ringa aus dem Himmel. Nach dem Tanken verteilen sie die Energie, die sie aus ihrer so genannten "Zapfkugel" bezogen haben, in ihrer Umgebung, was ich in Form von Inspirationen und Ansporn in mir wahrnehme. Zum Zweck der Energieverteilung haben Lupo und Ringa sich anfangs direkt voreinander gestellt und mit den kleinen Fingerchen berührt. Dieses von ihnen genannte "Knistern" führte dazu, dass ihre Fingerchen mit der Zeit immer dunkler wurden - sie verkokelten nach und nach. Also mussten sie sich etwas überlegen. Die Energie musste über einen Speicher umgewandelt werden. Wie wir den erwarben, dazu die folgende Schilderung:
Endlich knistern ohne zu kokeln!
Es war ein ganz gewöhnlicher Markttag und ich hatte Ringa
und Lupo mal wieder in meine Jackentaschen gesteckt ... schön tief, denn ich
wollte ja nicht, dass mich jemand für verrückt hält. Doch, ja, viele Menschen
denken das, wenn so genannte Erwachsene zu offen zeigen, dass sie immer noch
ein bisschen wie Kinder sind. Dabei sind alle
Menschen in ihrem tiefsten Inneren Kinder, nur wollen viele sich dies nicht
eingestehen. Schade, nicht? Hauptsache, du
und ich – wir wissen, wie schön
es ist, noch wie ein Kind fühlen zu können. Neugierig zu sein, verliebt in das
doch so aufregende Leben. Nun gut, ich erzähle dann mal, was an jenem Tag
passierte.
Nach dem Gemüseeinkauf auf dem Markt hatte ich noch etwas
Zeit und ging daher eine Weile in unserem gemütlichen Städtchen spazieren. Als
ich die lange Bergstraße hoch ging, fing Ringa plötzlich in meiner Jackentasche
an, wild herumzustampfen.
„Was ist denn los?“, fragte ich sie und schaute vorsichtig
in die Tasche.
„Lass mich mal rausschauen ... bitte!“, drängelte sie. „Da
ist was Knisteriges in der Nähe.“
„Was meinst du denn?“, fragte ich. „Das Papier im
Schaufenster hier? Das kann doch wohl nicht dein Ernst sein! Unmöglich, dass du
das hörst ...“
Wir gingen gerade am Schaufenster der Buchhandlung vorbei.
„Papier? Kenne ich nicht“, sagte Ringa. „Aber ich
verschwunge (luporinganisch für: wahrnehmen) etwas mit
meinem Schnüffler (luporinganisch für Nase). Hier in der Nähe ist Knisterenergie.“
Ich ging einfach weiter, denn ich wusste nicht, was Ringa
meinte.
„Einsnullnulleins (Lupo zählt im Dualsystem, hier also bis 9)
Meter, einsnullnullnull (8) Meter, einseinseins (7) Meter ...“, kam es aus der anderen Jackentasche.
Lupo war schon wieder mit Zählen beschäftigt. Offensichtlich konnte er
Entfernungen mit einer Art Radarsinn abmessen.
„Stooooooopp!“, schrie er auf einmal, und zwar genau in dem
Moment, als er beim Zählen bei Null angekommen war.
„Hier muss es sein!“
Ich schaute mich um. Was konnte er bloß meinen? Neben mir
war das Schaufenster eines Bioladens.
Knisterspitze, o wie
fein!
Geh mal in den Laden
rein!
sang Ringa aus vollem Hals (Ringa ist die Musikalische, die tänzerisch Begabte).
„Knisterspitze? In diesem Bioladen hier?“, fragte ich Ringa,
denn ich sah keine Knisterspitze oder irgend etwas, was ich dafür hätte halten
können.
Reingehen!
Selber sehen!
Und nicht dumm vor
Türen stehen!
Inzwischen hatte ich ja schon oft genug erlebt, wie sensibel
meine beiden Schätzchen waren, wenn es um die Befriedigung ihrer Bedürfnisse
ging. Ich folgte also einfach Ringas Rat und öffnete die Ladentür.
Oh!
Ein Glöckchen fein
lädt mich in den Laden
ein!
sang Ringa begeistert. Na, nur gut, dass niemand anders sie
hören konnte. Sonst wäre ich sofort wieder zur Tür hinausgegangen. Schließlich
wollte ich nicht für völlig plemplem gehalten werden. Stell dir nur mal vor, du
kommst in einen Laden mit einer Türglocke und die Verkäuferin hört von dir den
Gesang, den Ringa gerade angestimmt hatte. Ein
bisschen gaga, was?, würde die Verkäuferin wohl denken, oder?
Als ich die Tür geschlossen hatte, trat die Verkäuferin
hinter dem Tresen hervor und kam auf mich zu: „Guten Tag. Sie wünschen bitte?“
Au weia! Was sollte ich jetzt sagen? Hm ... ich sagte erst mal: “Guten Tag! Schöner Laden, den Sie hier haben.“ Und während ich sprach, kniff ich Ringa von außen durch meinen Jackenstoff. Ich spürte, wie sie reagierte. Sie wanderte in meiner Jackentasche Richtung rechter Ecke. Ich folgte ihr in diese Richtung. Sie sollte wohl wissen, was sie tat. Ich drehte meinen Kopf zur Seite – daaaaa!!! Jetzt erst sah ich, was sie meinte: In einem Regal im Schaufenster leuchtete zwischen vielen wunderschönen Edelsteinen eine Knisterspitze hervor – eine liebevoll geschliffene Bergkristallspitze mit feinen Regenbogeneinschlüssen.
Hier kannst du sie sehen ... im Verhältnis zu Lupo, der sich
unbedingt beim Fotografieren daneben stellen wollte.
„Die habe ich von draußen gesehen“, sagte ich zu der
Ladenbesitzerin und im selben Moment wurde mir klar, dass ich nicht ganz die
Wahrheit gesagt hatte. „Also, nicht richtig gesehen, nein, ich habe geahnt,
dass sie so was Schönes verkaufen. Deswegen bin ich ja reingekommen.“
Ja, so war es nicht gelogen. Durch Ringas Spürsinn
hatte ich ja geahnt, dass ich hier etwas finden würde, was wir drei brauchten.
Inzwischen waren nämlich Ringas und Lupos Näschen und ihre Fingerspitzen vom
Nacktknistern (was so viel bedeutet wie Knistern
ohne Hilfsmittel) schon ein wenig verfärbt, also leicht angekokelt
sozusagen. Auf dem Foto kannst du es sehen.
„Ausgürteln (luponisch für: ausmessen) ... hm ... die muss ich erst ausgürteln“, hörte
ich ihn murmeln und meine Jackentasche bewegte sich verdächtig. Offensichtlich
hatte er schon wieder seinen Gürtel abgemacht. Was sollte ich nur tun?
Schließlich war es für meine beiden Schätzchen ja wichtig, dass die Spitze die für
sie passende Größe hatte.
„Hmmmm ...“, äußerte ich gegenüber der Verkäuferin. „Ich
habe da ein kleines Problem.“
„Ja, bitte?“, meinte sie.
„Also wissen Sie, ich möchte die Bergkristallspitze gern
immer bei mir tragen, so als Schutzstein sozusagen. Und zu dem Zweck würde ich
sie gern z.B. in dieser Jacke tragen.
Darf ich mal probieren, wie sie sich in meiner Tasche anfühlt?“
Die Verkäuferin schaute mich etwas verdutzt an. Hoffentlich
dachte sie jetzt nicht, ich hätte nicht alle Tassen im Schrank.
„Na, wenn Sie meinen“, sagte sie. Ihr Blick sagte etwas
anderes, und zwar: „Die ist ja wohl nicht mehr ganz dicht.“
„Ich werde sie höchstwahrscheinlich kaufen“, erklärte ich.
„Meine Entscheidung hängt nur noch von diesem kleinen Test ab“, und – schwupps
– hatte ich den Bergkristall schon in der linken Jackentasche. Geschäftig fing
Lupo an, in meiner Tasche mit seinem Messgürtel herumzufuchteln. Ich ließ meine
Hand so lange in der Tasche, bis Lupo mir ein Zeichen geben konnte, dass er
fertig sei. Auutsch! Da war’s - er kniff mir in den Daumen.
„Palandro (luponisch für: paletti) ...
alles palandro“, sagte er.
„Okay, ich nehme sie“, sagte ich schnell zu der Verkäuferin,
um ihren Verdacht zu entkräften, ich wolle die Spitze vielleicht geschickt
entwenden.
„Und was macht das?“, fragte ich.
„Runde 10 Euro. Soll ich sie als Geschenk verpacken?“
„Nicht nötig, danke“, sagte ich. „Aber ein kleines Tütchen
wäre nicht schlecht.“
Aus dem Regal hinter dem Tresen holte sie ein Cellophantütchen
hervor und steckte den Kristall hinein. Nun hörte ich ihn auch knistern, wenn
es auch nur das ihn umgebende Tütchen war.
Knistertütchen -
oh wie fein!
Doppelt knisternd wird
es sein!
„Pssssst!“, sagte ich leise und die Verkäuferin drehte sich
um. „Was ist denn?“, meinte sie. „Ich habe doch gar nichts gesagt!“ „Ich auch
nicht“, sagte ich.
Und du, lieber Wichtelliebhaber, Du weißt, dass ich in diesem Fall doch einmal
ein ganz klein wenig gelogen habe. Aber du hättest es in diesem Moment bestimmt
auch getan, oder?
Zuhause wurde natürlich sofort ein zweites Mal geknistert,
denn das Nachfrühstücksknistern hatten sich meine beiden ja schon gegönnt,
allerdings noch mit nackten Näschen und nackten Fingern. Neugierig, wie sie nun
mal sind, mussten sie nun die neue Art zu knistern gleich erproben und konnten
nicht bis zum nächsten Morgen warten. Dieses Ritual vollzogen sie dann etwa
vier Wochen lang so, bis eine an jenem ersten Knisterspitzentag einsetzende Kette
merkwürdiger Ereignisse endlich eine Erklärung fand ...
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